25. Juli 2015 | 00.00 Uhr
Krefeld
"Natürlich hätte ich gern weitergemacht": Günter Zorn, Pfarrer von St. Thomas Morus, ist von seiner Entpflichtung überrascht worden.
Fall Zorn: "Bischof handelt unmenschlich"
Krefeld. Die Zwangspensionierung von Pfarrer Günter Zorn durch das Bistum Aachen schlägt immer höhere Wellen in der St.-Thomas-Morus-Gemeinde. 108 Messdiener und der Gemeindevorstand haben Bischof Mussinghoff in zwei Erklärungen Unmenschlichkeit vorgeworfen. Die Gemeinde hat die Flaggen auf halbmast gehisst. Von Jens Voss
In der Gemeinde St. Thomas Morus rumort es heftig: Im Namen von 108 Messdienern hat Messdienerleiterin Ruth Nobis von Entsetzen, Wut und Enttäuschung über die Art und Weise des Umgangs mit dem Pfarrer gesprochen, der Gemeinderat zeigt sich erschüttert und spricht von Unbarmherzigkeit des Bischofs. Wir dokumentieren beide Erklärungen, weil sie für sich sprechen und zeigen, wie aufgewühlt die Gemeinde ist. Hintergrund für die Erklärungen: Zorn ist vom Aachener Bischof Mussinghoff mit der Begründung in den Ruhestand versetzt worden, er habe die Gemeindereform nicht mitgetragen und insbesondere nicht mit dem Leiter der Pfarrei, Pfarrer Thorsten Obst, zusammengearbeitet.
In der Erklärung der Messdiener heißt es:
"Wir, die 108 Messdienerinnen und Messdiener der Gemeinde St. Thomas Morus, haben mit Entsetzen von der Zwangspensionierung unseres Pastors Zorn aus der Zeitung erfahren. Das, was nicht nur uns Messdiener, sondern auch die gesamte Gemeinde geschockt hat, ist die Art und Weise, mit der ein begnadeter Seelsorger vom Bistum Aachen in den Ruhestand versetzt wird, und dies auch noch mitten in den Sommerferien! Unser Pfarrer ist immer - sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang - für uns, die Gemeindemitglieder, und jeden Hilfesuchenden verfügbar. Er hat weder jemals einen von uns Messdienern geschlagen noch die Bewohner der beiden Altenheime misshandelt oder sein Pfarrhaus zu einer Prunkvilla umgebaut. Solch einen Priester wegen angeblicher Unstimmigkeiten mit dem Hauptpfarrer ohne Vorwarnung innerhalb von sechs Wochen aus der Gemeinde zu entfernen, ist - nicht nur aus unserer Sicht - absolut überzogen, unangemessen und vor allem unmenschlich. Für uns Messdiener ist die Entscheidung des Bischofs nicht nur enttäuschend; sie macht uns vor allem wütend, aber auch sehr, sehr traurig."
Der Gemeinderat hat gestern Abend eine Erklärung verabschiedet, in der es heißt:
"Erschüttert und mit großer Sorge müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Herr Günter Zorn, langjähriger Pfarrer unserer Gemeinde, kurzfristig in den Ruhestand versetzt wird. Herz und Motor der Gemeinde werden uns plötzlich und unvermittelt von der Amtskirche entzogen, das Lebenswerk eines verdienten Priesters wird zerstört und nicht gewürdigt.
Als Rechtfertigung dieser Maßnahme liegt auch uns nur die Begründung des Bistums vor, dass Pfarrer Zorn nach Erkenntnissen des Bischofs nicht bereit war, mit dem Pastoralteam der fusionierten Pfarrei zu kooperieren. Dies stellt sich aus unserer Sicht anders dar. Pfarrer Zorn hat zahlreiche liturgische Dienste in der Pfarrei Heiligste Dreifaltigkeit übernommen und die Zusammenarbeit der Gremien und gemeinsame Veranstaltungen unterstützt. Wir wissen, dass Pfarrer Zorn der Fusion mit den benachbarten Gemeinden kritisch gegenüberstand, doch kritische Stimmen waren auch unter den Gemeindemitgliedern zu finden.
Dies rechtfertigt unserer Meinung nach nicht das kirchenrechtlich zwar nicht anfechtbare, aber durch die Wahl des Zeitpunkts und die Art der Veröffentlichung schroffe und unmenschliche Vorgehen des Bischofs, das einen gebrochenen Priester und eine ratlose Gemeinde zurücklässt.
Zudem verstehen wir nicht, warum die Gremien der Pfarrei nicht zur Lösung der im Pastoralteam bestehenden Unstimmigkeiten als Vermittler herangezogen wurden. Der Gemeinderat hat gegenüber Bistumsvertretern stets seine Gesprächsbereitschaft signalisiert. Diese Gesprächsbereitsschaft besteht auch zu diesem Zeitpunkt, um zu einer guten Lösung im christlichen Sinne zu kommen. Dieses Angebot wurde bei einem Treffen der Gremien der Pfarrei Heiligste Dreifaltigkeit mit einem Vertreter des Bistums sowie mit Pfarrer Jansen als Leiter der GdG Nordwest am vergangenen Donnerstag ausgeschlagen.
Man sei nur bereit über die Verabschiedung von Pfarrer Zorn und über die Zukunft der Gemeinde zu reden, so Bernd Dickmeis, Abteilungsleiter der Abteilung Personalplanung. Für Pfarrer Zorn gäbe es in der GdG Nordwest keine Zukunft mehr.
Wir sind davon überzeugt, dass wir mit Pfarrer Zorn einen Weg zu einem würdevollen Übergang in Pensionierung gefunden hätten. Das kirchliche Leben in St. Thomas Morus ist nun in Gefahr auseinanderzubrechen.
Die Mitglieder des Gemeinderates sowie die von der Gemeinde St. Thomas Morus gewählten Mitglieder des Kirchenvorstandes der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit sind zutiefst erschüttert, wie unbarmherzig jeder Versuch der Herbeiführung einer konstruktiven Lösung vonseiten des Bistums abgelehnt wurde.
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/kref...h-aid-1.5262772
Ein Leben in christlicher Gemeinschaft stellen wir uns anders vor."
Quelle: RP